Fahrraddiebstähle: Hochwertige Drahtesel locken Diebe

Julia Goll hat nach Rad-Klau ein Schloss für über 100 Euro gekauft.

462 Räder im Kreis im Jahr 2022 weg: Hochwertige Drahtesel locken Diebe

Julia Goll hat nach Rad-Klau ein Schloss für über 100 Euro gekauft.

Je teurer das Rad, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass es geklaut wird: „Was wie eine Binsenweisheit klingt, ist bittere Realität“, schlussfolgern die beiden FDP-Landtagsabgeordneten Jochen Haußmann (Kernen) und Julia Goll (Waiblingen) aus der Entwicklung der Raddiebstähle im Land und im Rems-Murr-Kreis. Dazu hat das Innenministerium auf einen Antrag der FDP-Landtagsfraktion hin Zahlen vorgelegt. Danach nahmen 2022 die Fahrraddiebstähle erstmals wieder zu. Im Land auf 22.350 (Vorjahr: 16.380). Im Rems-Murr-Kreis auf 462 (Vorjahr: 367). Damit liegt der Kreis von der absoluten Zahl der Fahrraddiebstähle her auf Platz 17 von 44 im Land. Jochen Haußmann und Julia Goll, die bei passendem Wetter auch mit dem E-Bike in den Stuttgarter Landtag unterwegs sind, raten dringend zu hochwertigen Schlössern: „Ein Dieb rechnet sich den Wert des Rades aus und die Zeit, die er braucht, um das Schloß zu knacken. Geht Letzteres schnell, ist das Rad schnell weg.“

Den Trend zum höherwertigen Diebesgut belegen die Zahlen der Polizei: Knapp 600 Euro war der Durchschnittswert eines gestohlenen Fahrrades 2018. Im Jahr 2022 waren es im Schnitt fast 1.100 Euro, Tendenz weiter steigend. „Hochwertige Schlösser und schwer zugängliche GPS-Systeme“ sind für Jochen Haußmann und Julia Goll zwei entscheidende Eckpunkte der individuellen Vorsorge. „Fahrradcodierung bei der Polizei ist auch eine Möglichkeit, die Verkäuflichkeit von Diebesgut einzuschränken.“ Der Gebrauchträdermarkt sei groß: „Im Gegensatz zu Autos ist der Akkutausch ja kein Problem.“ Julia Goll spricht dabei aus Erfahrung: „Mir wurde mein erste E-Bike auch geklaut. Für das zweite habe ich jetzt ein Schloss für über 100 Euro gekauft.“

Rund ein Drittel der Fahrraddiebstähle, zu denen eine Tatörtlichkeit erfasst wurde, fand im Jahr 2022 in Wohngebieten statt, berichtet das Innenministerium. „In jedem achten Fall des Fahrraddiebstahls wurde die Tatörtlichkeit ‚Mehrfamilienhaus‘ registriert. Zu etwa jedem zehnten Fall mit mindestens einer erfassten Tatörtlichkeit wurde die Tatörtlichkeit „Bahnhof“ und in etwa jedem zwanzigsten Fall die Tatörtlichkeit „öffentliche Schule“ beziehungsweise „private Schule“ angegeben. Das zeige, wie wichtig der Diebstahlschutz an Ziel- und Schnittpunkten sei, sagen die beiden Landtagsabgeordneten. Das Land hat jetzt angekündigt, bis 2030 zusätzlich 100.000 Abstellanlagen zu fördern und die Zahl damit zu verdoppeln. „Das Bundesverkehrsministerium ist da schon weiter“, verweist Jochen Haußmann auf das 110-Millionen-Förderprogramm, das Bundesverkehrsminister für Fahrradparkhäuser aufgelegt hat. „Sichere Unterbringung ist sicher der sicherste Weg gegen Radklau“, ist er sich mit Julia Goll einig: „Derzeit kann die Polizei im Rems-Murr-Kreis beispielsweise nur jeden zehnten Diebstahl aufklären. Wir müssen es den Dieben schwerer machen.“