Rems-Murr-Kreis bei Partnergewalt in der Statistik weit vorn

 

Rems-Murr-Kreis bei Partnergewalt in der Statistik weit vorn

Im Rems-Murr-Kreis haben Frauen immer noch ein großes Risiko, Opfer einer Beziehungstat zu werden: Laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2021 belegt der Rems-Murr-Kreis in der Region Stuttgart mit 356 Straftaten einen der vorderen Plätze im Bereich Partnergewalt – dies ist ein Ergebnis der Anfrage und Aussprache zum Thema „Verhinderung von Femiziden in Baden-Württemberg“, mit dem sich der Stuttgarter Landtag in seiner Plenumssitzung vom 19. April befasst hat.

„Die Tatsache, dass im Rems-Murr-Kreis statistisch gesehen jeden Tag eine Frau Opfer einer Gewalttat ihres Partners oder eines ihr nahestehenden Mannes wird, ist absolut erschreckend und nicht hinnehmbar“, so Julia Goll, FDP-Landtagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Waiblingen und innenpolitische Sprecherin der FDP-/DVP-Fraktion. Der Femizid – die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts – sowie generelle Gewalttaten an Frauen seien keine Erscheinung der letzten Jahre, „sondern ein immer noch aktuelles Problem, das endlich wirksam angegangen werden muss.“

Auch der Begriff „Ehrenmord“ müsse endlich aus dem Sprachgebrauch verschwinden, so die Forderung der stellvertretenden FDP-Fraktionsvorsitzenden in ihrer Rede vor dem Landtag: „Der Mord an einer Frau, an einem Mädchen hat nie etwas mit Ehre zu tun.“

Laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) ist die Zahl der Körperverletzungsdelikte, bei denen Frauen Opfer ihrer Partner wurden, in Baden-Württemberg von 2011 bis 2020 kontinuierlich von 6.530 auf 8.249 Straftaten gestiegen, bevor es 2021 zu einem leichten Rückgang auf landesweit 7.699 Delikte (davon 35 mit Todesfolge) kam. Diese Tendenz gilt auch für den Rems-Murr-Kreis: Die Anzahl der weiblichen Opfer im Bereich Partnergewalt durch männliche Tatverdächtige ist von 290 Frauen (2011) auf 356 Fälle in 2021 angestiegen (2020: 357 Fälle). Eine Frau verlor dabei ihr Leben, in 355 Fällen wurde wegen Körperverletzung ermittelt.

Damit nimmt der Rems-Murr-Kreis mit seinen rund 427.000 Einwohnern in der Region Stuttgart einen der vorderen PKS-Ränge ein: Während in Stuttgart umgerechnet eine Gewalttat auf rund 1.060 Einwohner kommt, folgt der Rems-Murr-Kreis mit 1.200 Einwohnern pro Straftat direkt nach dem Landkreis Böblingen mit einer Partner-Gewalttat je 1.170 Einwohner. Zum Vergleich: Im Kreis Ludwigsburg kommt ein weibliches Opfer auf  1.380 Einwohner, im Kreis Esslingen sind es 1.702 Einwohner je Tat. Durchschnittlich war 2021 in Baden-Württemberg eine Frau je 1.400 Einwohner von einer Gewalttat durch einen ihr nahestehenden Mann betroffen.

 „Offenbar gelingt es immer noch nicht, Frauen und Mädchen besser zu schützen“, betonte Goll. So hätten die Zahlen der Körperverletzungen an Frauen und Mädchen in den letzten zehn Jahren um mehr als 20 Prozent zugenommen, während die so genannten Aggressionsdelikte im öffentlichen Raum seit 2015 um ein Viertel zurückgegangen sind. Daher müsse die Frage erlaubt sein, wie effektiv die bisher getroffenen Maßnahmen zum Schutz von Frauen tatsächlich sind und welche Ursachen es für diese ungute Entwicklung gibt, so Goll in ihrer Rede vor dem Landtag. Positiv äußerte sich die FDP-Abgeordnete zum geplanten Vorhaben der Hochschule für Polizei, die künftig regelmäßige Bürgerbefragungen zur Erforschung „der kaum abschätzbaren Dunkelziffer“ durchführen möchte. 

Angesichts der erschreckenden und kontinuierlichen Entwicklung bei Straftaten gegen Frauen sei es nicht nachvollziehbar, „weshalb es im Justizvollzug keine speziellen Therapieangebote für Täter mit frauenfeindlichen Motiven gebe“, bemängelte Goll, die auch Sprecherin der FDP-Fraktion für Strafvollzug ist und viele Jahre als Richterin am Landgericht in Stuttgart tätig war.

 „Im Sinne einer echten Prävention sollte diese Gelegenheit zur zielgerechten Einwirkung auf Täter besser genutzt werden“, so Goll: „Wir sind den Frauen und Mädchen größere Anstrengungen schuldig.“