Goll: Wichtige Arbeit der Hundeführer im Justizvollzug wird nicht genügend wertgeschätzt
Die Sprecherin der FDP/DVP-Fraktion für die Angelegenheiten des Strafvollzugs, Julia Goll, äußert sich zur Antwort des Ministeriums der Justiz und für Migration auf ihre Kleine Anfrage „Einsatz von Spürhunden in den JVA und Situation der Hundeführer im Justizvollzug“ wie folgt:
„Seit Mitte 2020 unterstützen fünf Hundeteams den Justizvollzug bei der Suche nach Betäubungsmitteln und Datenspeichern in den 17 Justizvollzugsanstalten des Landes und leisten dort eine unglaublich wichtige und nicht immer ungefährliche Arbeit. Allerdings besteht hinsichtlich der Ausstattung und Arbeitssituation der Hundeführerteams erheblicher Verbesserungsbedarf, wie ich aus meinen Gesprächen mit dem Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD) sowie verschiedenen Hundeführern erfahren habe. Leider gibt die Antwort der Justizministerin auf meine Anfrage wenig Hoffnung auf eine positive Veränderung. Sehr überraschend ist für mich die Aussage, dass es - neben den vier Teams, die zum Aufspüren von Betäubungsmitteln (BtM) ausgebildet sind und einem auf Datenspeicher konditionierten Hund - keine weiteren Spürhunde im Justizvollzug geben soll, da deren Anzahl „als ausreichend erachtet wird“. Die fünf Teams, die von ihren Stammdienststellen aus alle 17 JVA im Land abdecken, reichen schon heute bei weitem nicht aus, um die Versorgung mit Drogen und unerlaubten Datenträgern in den Gefängnissen nachhaltig zu stören. Für die Gruppe der Justizhundeführer in Baden-Württemberg hatte Roman Schnetz, Diensthundelehrwart BW, deshalb im Februar dieses Jahres die Installation von mindestens drei weiteren Spürhundeteams im Justizvollzug gefordert, um einen noch engmaschigeren und effektiveren Kontrollablauf zu gewährleisten. Auch in einem Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 12. August über „Emily“, den einzigen Datenträgerspürhund im Land, wird Justizministerin Marion Gentges als oberste Dienstherrin der Hunde folgendermaßen zitiert: „Emily ist uns allen eine Nase voraus. Daher soll sie auch nicht alleine bleiben, sondern vielleicht schon bald tatkräftige Unterstützung erhalten.“
Ebenso wurde vom Ministerium der Vorschlag des Hundelehrwarts abgelehnt, die Schäferhunde dual auszubilden – was laut Roman Schnetz problemlos möglich wäre. Eine duale Ausbildung der Tiere hätte den immensen Vorteil, dass nur ein Hundeteam vor Ort in der JVA einen Haftraum gleichzeitig auf Handys und BtM absuchen könnte – so wie dies auch in anderen Bundesländern praktiziert wird. Schade auch, dass das durch den Diensthundelehrwart BW bereits im März 2023 angestoßene „Pilotprojekt“ – Suche nach npS benetztem Papier mit einem der BtM-Hunde – vom Justizministerium nicht aufgegriffen wird: In den Gefängnissen werden immer häufiger synthetische Drogen entdeckt, die unter sogenannte neue psychoaktive Stoffe (npS) fallen, die im Gegensatz zu klassischen Drogen wie Kokain oder Cannabis völlig unsichtbar und geruchlos sind.
Zum Aufspüren der neuen psychoaktiven Substanzen, die auf Papier geträufelt per Post in die Gefängnisse geschmuggelt werden, kommen nach Aussage des Ministeriums in sechs JV-Anstalten elektronische Drogenscanner (IONSCAN 600) zum Einsatz, für die pro Gerät monatlich eine Leasinggebühr von rund 1400 Euro anfällt. Mit dem IONSCAN können aber weder Schriftstücke aus Betrieben wie z.B. Lieferscheine abgescannt, noch Briefe entdeckt werden, die bereits in den Hafträumen versteckt sind. Dabei sind diese Designerdrogen höchst gefährlich: Meist werden sie aus dem Papier herausgeschnitten und geraucht – ohne zu wissen, in welcher Konzentration die Substanzen aufgeträufelt wurden. Neben dieser Gefahr der Überdosierung für die Insassen besteht auch für die JV-Bediensteten ein großes Risiko, da die Drogen hochaggressiv machen können.
Enttäuschend auch die Aussage des Ministeriums, dass die Hundeführer keine Erschwerniszulage in Höhe von 300 Euro erhalten werden, wie diese für Beamte des mittleren und gehobenen Vollzugsdienstes in der Sicherheitsgruppe Justizvollzug vorgesehen ist. So sind die Hundeführer nicht nur in den JVA im Einsatz, sondern mit ihren Diensthunden auch bei Wind und Wetter auf den Straßen, bei Trainings auf Bauhöfen und bei anderen Behörden unterwegs. Hinzukommt, dass die Hundeführer für die sachgemäße Verwahrung der Betäubungsmittel für das notwendige Training der Hunde verantwortlich sind – und dies nicht nur in der eigenen Anstalt, sondern ebenso auf dem Weg dorthin sowie in andere JVA.
In Baden-Württemberg leben die Spürhunde mit im Haushalt der Hundeführer. Für die Einsätze und Fahrten nutzen diese ihre privaten Pkw, während den Hundeführern in anderen Bundesländern (wie z.B. NRW, Hessen oder Sachsen) ein Dienstauto zur Verfügung gestellt wird. Auch daran soll sich künftig nichts ändern, ebenso wenig an der Kürzung der Kilometerpauschale für die dienstlich genutzten Privatfahrzeuge der JV-Hundeführer: Nach der Reform des Dienstreiserechts können seit 2022 nur noch 35 Cent pro Kilometer abgerechnet werden, zuvor waren 2 Cent zusätzlich für die Mitnahme des Hundes möglich. Da jeder JV-Hundeführer des Landes durchschnittlich 10.000 bis 15.000 Kilometer jährlich zu den Einsätzen in den JVA unterwegs ist, schlägt diese Kürzung mit 200 bis 300 Euro jährlich zu Buche.
Bei der Verpflegungspauschale der Hunde ist ebenfalls keine Verbesserung in Sicht: Zum 1. Januar 2024 wurde diese zwar auf 100 Euro monatlich erhöht (nachdem sie seit 2009 unverändert bei 75 Euro gelegen hatte), reicht aber nach Angaben der Hundeführer bei weitem nicht für die Versorgung der Tiere sowie die Reinigung der Pkw aus - geschweige denn für einen Ausgleich der Teuerungsrate (zum Vergleich: In NRW erhalten JV-Hundeführer 130, in Bayern 125 Euro; Hundeführern bei Bundespolizei und Zoll wird eine Pauschale von rund 150 Euro gewährt).
Insgesamt sind die Antworten des Justizministeriums für mich enttäuschend: Eine größere Wertschätzung für die wichtige und nicht ungefährliche Arbeit der fünf JV-Hundeführerteams wäre wirklich wünschenswert. Schade auch, dass der dualen Ausbildung der Tiere ebenso eine Absage erteilt wurde wie dem Pilotprojekt zum Aufspüren neuer psychoaktiver Substanzen. Hier hat man in Baden-Württemberg eine große Chance vertan, die Versorgung der Gefangenen mit Betäubungsmitteln und Datenträgern weiter zu erschweren.“