Grundsteueraufkommen stabil halten
Jochen Haußmann und Julia Goll (FDP): Grundsteueraufkommen stabil halten
Grundsteuer: Jetzt haben die Gemeinderäte das letzte Wort
Über 72 Millionen Euro Grundsteuer B haben Hausbesitzer (und bei Mietwohngebäuden am Ende die Mieter) 2022 in die Stadt- und Gemeindekassen im Rems-Murr-Kreis überwiesen, weist die Datenbank Genesis der Statistischen Landesämter aus: „Jetzt bringt der Herbst mit den Haushaltsberatungen in den Städten und Gemeinden die Probe aufs Exempel, ob die Politik ihr Versprechen hält, dass die Grundsteuerreform nicht zur Steuererhöhung durch die Hintertür genutzt wird“, sagen Julia Goll und Jochen Haußmann. Die Politik, sprich Bundes- und Landtagsabgeordnete, hat dabei aber nur eine Mitsprachemöglichkeit, wenn sie wie Julia Goll in Waiblingen und Jochen Haußmann in Kernen Mitglieder im Gemeinderat sind. Denn diese Gremien haben jetzt das letzte Wort. Und den Schwarzen Peter.
Die grün-schwarze Landesregierung, so kritisieren die beiden FDP-Landtagsabgeordneten, „hat versäumt, für klare Verhältnisse zu sorgen und ein Steuergesetz zu schaffen, das den Schwarzen Peter nicht auf die Gemeinderäte ablädt.“ Dort könne je nach Zusammensetzung die Versuchung groß sein, die kommunale Kasse zusätzlich aufzufüllen, obwohl bei der Verabschiedung der vom Verfassungsgericht 2018 erzwungenen Reform „Aufkommensneutralität“ versprochen worden ist. „2019, von Olaf Scholz, damals noch Bundesfinanzminister der schwarz-roten Bundesregierung“, erinnert Julia Goll.
Definiere Aufkommensneutral: Das geht im Moment nur mit den amtlichen Zahlen aus dem Jahr 2022. Da hat Waiblingen beispielsweise knapp 10,8 Millionen an Grundsteuer B eingenommen und Kernen 2,2 Millionen, um die beiden Kommunen zu nennen, wo die beiden FDP-Abgeordneten demnächst mitentscheiden können, auf welchen Wert der Hebesatz gesenkt werden soll. Denn der Haken an der Geschichte ist, dass durch die neuen höheren Basiswerte für die Grundsteuer die Hebesätze, mit denen dieser Basiswert multipliziert werden muss, gesenkt werden müssen, um Aufkommensneutralität zu erreichen.
Das Land hat sich als Hilfestellung für diese Entscheidung für ein Transparenzregister entschieden, das helfen soll, den aufkommensneutralen Hebesatz zu beziffern. Beispiel Waiblingen: Hebesatz Grundsteuer B derzeit 390 Prozent. Einnahmen 2022 knapp 10,8 Millionen Euro. Ansatz 2023 und 2024 in gleicher Höhe. Der aufkommensneutrale Hebesatz wird vom Transparenzrechner auf 182 bis 202 Prozent berechnet: „Immerhin eine Differenz von zehn Prozent oder im Waiblinger Fall eine Million Euro, das stärkt das Vertrauen nicht gerade“, sagt Julia Goll und kündigt an: „Die FDP-Fraktion wird sich das im Gemeinderat ganz genau anschauen.“
Jochen Haußmann sieht es als neuer Kernener Gemeinderat genauso: „Die Gemeinde braucht auskömmliche Steuereinnahmen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, das ist keine Frage. Aber wenn bei derzeit 385 Prozent Hebesatz, das Transparenzregister 207 bis 229 Prozent auswirft, also mehr als in Waiblingen, bringt einen das schon ins Grübeln.“ Wobei anzumerken ist, dass Kernen 2023 seine Hebesätze für die Grundsteuer B von 325 auf 385 Prozent erhöht hatte, was die Einnahmen von 2,2 Millionen Euro auf knapp 2,7 Millionen Euro erhöhen sollte. „Aufkommensneutral wäre im Sinne dessen, was der damalige Bundesfinanzminister Scholz gesagt hat, eigentlich der Wert von 2019, wenn man’s genau nimmt“, sagt Jochen Haußmann: „Aber Genaueres hätte die Landesregierung regeln müssen, statt sich einen schlanken Fuß zu machen.“
Julia Goll und Jochen Haußmann befürchten, dass die ohnehin schwächelnde Baukonjunktur im Herbst/Winter zusätzlich belastet wird, wenn die Grundsteuer in den Gemeinderäten zur Debatte steht: „Negative Schlagzeilen sind da ja nicht auszuschließen und die Grundsteuer ist ein wesentlicher Posten, wenn es um die dauerhafte Finanzierung von Wohneigentum geht.“ Außerdem befürchten sie auch noch „böse Überraschungen: Die Bescheide, die jetzt von den Finanzämtern kommen, sind ja nur Stufe eins. Stufe zwei zündet im Herbst.“ Bis dahin ist allerdings eventuell die Widerspruchsfrist abgelaufen, die beim Finanzamt vier Wochen beträgt: „Da könnte es geraten sein, sicherheitshalber Widerspruch einzulegen, deswegen raten wir dazu, sich auf alle Fälle fachmännischen Rat zu holen. Denn wir sind ja Abgeordnete und keine Steuerberatenden. Aber wir werden ganz genau kontrollieren, was die Landesregierung uns da gesetzlich aufgetischt hat.“