Lehrkräfte des Staatlichen Schulamts Backnang überlastet und von der Politik frustriert

Julia Goll und Jochen Haußmann (rechts) im Gespräch mit dem neuen Personalratsvorstand für Grund-, Haupt-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen sowie SBBZ beim Staatlichen Schulamt Backnang: Carolin Reuschel (stv. Vors.), Andreas Rosanelli (Vorsitz) und Markus Rapp (stv. Vors).

Die Lehrkräfte im Kreis Backnang sind mit ihren Kräften am Anschlag, über die Maßen belastet und fühlen sich mit vielen Problemstellungen alleingelassen: Dies ist das Ergebnis des sehr offenen und interessanten, aber inhaltlich besorgniserregenden Gesprächs mit dem neuen Personalratsvorstand für Grund-, Haupt-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen sowie SBBZ beim Staatlichen Schulamt Backnang.

Andreas Rosanelli (Vorsitz), Carolin Reuschel und Markus Rapp berichteten über die schlechte Lehrerversorgung, Unterrichtsausfall, die frustrierte Stimmung in vielen Kollegien sowie die Verwunderung über offizielle Studien und Zahlen, die nach Aussage der drei Lehrkräfte „nichts mit dem Alltag an unseren Schulen zu tun haben.“ Insbesondere die Angaben des Kultusministeriums zum Lehrkräftebedarf bis 2035 stünden in starkem Kontrast zur so genannten „Klemm-Studie“: Darin geht der Bildungswissenschaftler Klaus Klemm, der auch mehrere bundesweite Lehrkräftebedarfsprognosen erstellt hat, für Baden-Württemberg von mindestens 16.000 fehlenden Lehrkräften bis zum Jahr 2035 aus. Wenn Ziele wie mehr Stellen für Grundschulen und die Inklusion sowie Schulen in herausfordernden sozialen Lagen erreicht werden sollen, steigt die Lücke gar auf 27.000.

Im Mittelpunkt des Gesprächs, das gemeinsam mit meinem FDP-Landtagskollegen Jochen Haußmann in unserem Wahlkreisbüro in Weinstadt stattfand, standen die 28 Beschlüsse, die Mitte März in der Personalversammlung der rund 3.200 Lehrerinnen und Lehrer an den 159 Grund-, Haupt-, Werkreal-, Real-, Gemeinschaftsschulen sowie den Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren im Bereich des Staatlichen Schulamtes Backnang verabschiedet wurden. Darin fordern die Pädagogen eine Vielzahl von Maßnahmen wie feste Vertretungsreserven, die Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung, Senkung des Klassenteilers in der Grundschule sowie attraktivere Bedingungen für Fach- und technische Lehrkräfte.

Kultusministerin Theresa Schopper müsse sich Kraft ihres Amtes mehr für die Nöte der Lehrkräfte einsetzen, fordert Markus Rapp, der an der Staufer-Realschule in Waiblingen unterrichtet. Personalratsvorstand Rosanelli erzählt, dass der Schulbetrieb vielerorts „nur noch durch das intrinsische Verhalten der Kolleginnen und Kollegen aufrechterhalten wird, denen eine zunehmende Überlastung droht.“ Viele, auch jüngere Lehrkräfte seinen so erschöpft, dass sie so schnell wie möglich ihren Beruf und Beamtenstatus aufgeben wollten. Hinzukommt: Von den Lehramtsstudierenden kommen nur rund zwei Drittel auch tatsächlich im Klassenzimmer an, da über 30 Prozent ihr Studium nicht beenden.

Als fünffache Mutter und langjährige Elternbeirätin habe ich hautnah erlebt, wie die Qualität an unseren Schulen immer weiter abnimmt, während der Unterrichtsausfall und die Belastung der Pädagogen permanent ansteigen. Zum Thema Bildung gibt es zwar im Koalitionsvertrag viele schöne Worte, doch angesichts des tatsächlich ungenügenden Handelns gibt es von mir die Note „6“! Die Bildungspolitik der grün-schwarzen Landesregierung ist krachend gescheitert und wird auf dem Rücken von Lehrkräften, Schülern und Eltern ausgetragen. Die Probleme sind seit Jahren bekannt und liegen auf dem Tisch, doch die Trendwende in der Politik lässt nach wie vor auf sich warten.

Die FDP fordert seit Langem, das Dauerthema Lehrermangel mit ausreichenden Studienplätzen an Pädagogischen Hochschulen zu beseitigen, die Qualifizierungsmaßnahmen für Quereinsteiger zu erleichtern und den Lehrerberuf insgesamt, und besonders auch für Fachlehrkräfte und Fachlehrer, attraktiver zu gestalten. Dafür werden wir uns auch weiterhin massiv einsetzen.  

Julia Goll MdL